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Meinung

18 Mai 2016

Autor:
Madeleine Koalick, Director of Consulting, twentyfifty

Risiko als Chance? Ansatzpunkte für gelungenes menschenrechtliches Risikomanagement bei Unternehmen

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Unternehmen sollen ihre Risiken für negative Auswirkungen auf Menschen und deren Rechte sowie eventuelle tatsächliche Auswirkungen kontinuierlich ermitteln. Darauf bauen weitergehende Maßnahmen zum Risikomanagement und zur Abhilfe bei bereits eingetretenen Problemen auf: Soweit die Theorie der UN-Leitprinzipien, die auch im Konsultationsprozess zur Erarbeitung des Nationalen Aktionsplans (NAP) in Deutschland immer wieder diskutiert wurde. Eine Gruppe deutscher NGOs hat kürzlich sogar ein Rechtsgutachten veröffentlicht, das untersucht, wie menschenrechtliche Risikoanalysen für deutsche Unternehmen verbindlich gemacht werden könnten. Doch: Wie kann ich mich der Herausforderung menschenrechtliche Risikoanalyse in der Praxis am besten nähern? Wo fange ich an? Wie weit muss eine Risikoanalyse gehen? Wo endet meine Verantwortung?

Diese und andere Fragen begegnen uns in unserer Beratungspraxis immer wieder. Auch wenn es einige Anhaltspunkte für ‚gute‘ menschenrechtliche Risikoanalysen gibt, lautet die ehrliche Antwort oft: „es kommt darauf an“. Das Fehlen eines standardisierten Vorgehens mag für Einige unbefriedigend oder verunsichernd sein. Es erlaubt Unternehmen jedoch, Ansätze zu entwickeln, die für den eigenen Sektor, die Produkte und Dienstleistungen, die Länderpräsenz und Geschäftsbeziehungen angemessen sind und die im eigenen Unternehmenskontext funktionieren. Denn eine menschenrechtliche Risikoanalyse sollte keine reine Compliance-Verpflichtung sein, die es abzuhaken gilt. Sie kann vielmehr ein hilfreiches Werkzeug für Unternehmen sein, vorausschauend und langfristig erfolgreich in sich wandelnden sozialen und globalen Kontexten zu agieren, die u.a. von rasanter Digitalisierung, Klimaauswirkungen, Migrationsbewegungen und Veränderungen der Arbeitswelt geprägt sind. Damit dies gelingt, sollten u. a. folgende Punkte in die eigenen Überlegungen miteinbezogen werden:  

Erstens: Den richtigen Ansatz für das eigene Unternehmen wählen

Wie die Praxis zeigt, gibt es nicht den einen ‚perfekten‘ Ansatz, um menschenrechtliche Risiken zu erfassen. Einige Unternehmen nähern sich dem Thema durch die Analyse von Risiken entlang einer Wertschöpfungskette oder der eigenen Tätigkeit und Geschäftsbeziehungen in einem Land. Andere gewinnen zuerst einen Überblick über das generelle Risikoprofil auf Unternehmensebene und priorisieren dann Bereiche, die einer tieferen Analyse verlangen. Verschiedene Ansätze eignen sich für verschiedenen Zielsetzungen. Daher sollten Unternehmen genug Zeit in der Planungsphase investieren, um zu durchdenken, was sie mit ihrem Ansatz bezwecken wollen und welche Methodik dafür am besten geeignet ist. Anregungen für verschiedene Ansatzpunkte und einen Eindruck der jeweiligen Lernerfahrungen vermitteln die fünf Fallbeispiele in der Broschüre ‚Menschenrechtliche Risiken und Auswirkungen ermitteln – Perspektiven aus der Unternehmenspraxis‘, die wir im Auftrag des Deutschen Global Compact Netzwerk und des Deutschen Institut für Menschenrechte erarbeitet haben.

Zweitens: Um welche Risiken geht es?

Menschenrechtliche Risikoanalysen sollen die Risiken für negative Auswirkungen auf Menschen erfassen. Der zentrale Analysegegenstand und Bewertungsmaßstab sind daher die potenziell vom Unternehmenshandeln Betroffenen – z. B. eigene Mitarbeiter, Wanderarbeitnehmer in der Lieferkette, lokale Gemeinden um die Produktionsstätte, Kunden, die die eigenen Produkte nutzen. Es reicht nicht, nur abstrakt zu betrachten, in welchen Ländern die Menschenrechtslage allgemein problematisch ist. Menschenrechtliche Auswirkungen treten in speziellen Situationen und lokalen Kontexten auf – sie lassen sich oft nicht allein durch grobe und generelle Risikofilter identifizieren. Abstrakte Informationen zur Menschenrechtlage sollten auf die eigene Geschäftstätigkeit, die Geschäftsbeziehungen, die bestehenden Managementkapazitäten und -systeme und die vom eigenen Handeln möglicherweise betroffenen Gruppen heruntergebrochen werden. Wo genau liegt meine Fabrik – in einem Industriepark oder in der Nähe eines Dorfes? Was wird dort produziert? Wer arbeitet dort für mich? Sind meine lokalen Manager in der Lage, menschenrechtliche Auswirkungen zu erkennen und anzugehen? Nur so ergibt sich ein präzises Profil der menschenrechtlichen Risiken des eigenen Unternehmens, auf deren Grundlage man einschätzen kann, ob bestehende Maßnahmen zur Risikominimierung ausreichend sind oder gestärkt werden müssen. Ein Großteil des Wissens über die eigenen Auswirkungen und bestehende Handlungsmöglichkeiten ist im Unternehmen bereits vorhanden – wenn auch oft nicht unter dem Begriff ‚Menschenrechte‘. Eine gute Risikoanalyse mobilisiert diese Erfahrungen und baut auf ihnen auf.

Drittens: Es braucht Raum für Austausch und Dialog – nach innen und nach außen

Für eine wirksame Ermittlung menschenrechtlicher Risiken und Auswirkungen braucht es offene Ohren gegenüber potentiell Betroffenen und deren Vertretern, im und außerhalb des Unternehmens. In eine gute und kontinuierliche Risikobewertung fließen viele Quellen ein. Beschwerdemechanismen, Mitarbeiterumfragen, sozialer Dialog, informelle Gespräche mit NGOs und lokalen Gemeinden, interne und externe Audits, Lieferantengespräche etc. – sie alle können wertvolle Informationen für die Bewertung menschenrechtlicher Risiken liefern. Dazu müssen die Informationen aus den verschiedenen Kanälen gebündelt und ausgewertet werden. Es muss Raum und Gelegenheiten geben, im Unternehmen offen über Herausforderungen in Bezug auf die eigenen Auswirkungen auf Menschen zu sprechen und gemeinsam Lösungen zu identifizieren. Nicht jedes Unternehmen muss diese Prozesse allein für sich durchlaufen. Durch sektorweite und sektorübergreifende Kooperation lassen sich Informationen und Ressourcen bündeln und gemeinsame Handlungsmöglichkeiten identifizieren. Um hier voranzugehen, werden wir in 2016 das Deutsche Global Compact Netzwerk unterstützen, eine menschenrechtliche Risikoanalyse mit Unternehmen eines Sektors durchführen.

Wie menschenrechtliche Sorgfalt insgesamt, so sind auch menschenrechtliche Risikoanalysen eher ein Lernprozess – Gelegenheit zur internen Sensibilisierung und Anstoß weiterer Veränderungsprozesse – als ein Ziel an sich. Die Entwicklung von Nationalen Aktionsplänen für Wirtschaft und Menschenrechte, die Stärkung von Berichtspflichten und Gesetzesinitiativen wie die in England und Frankreich werden dazu beitragen, dass sich in Zukunft noch mehr Unternehmen ihren menschenrechtlichen Risiken zuwenden. Wenn sie dies überlegt und sorgfältig tun, kann dies einen wichtigen Beitrag zu nachhaltigem Wirtschaften leisten. 

Madeleine Koalick leitet die deutsche Vertretung der international tätigen Unternehmensberatung twentyfifty. Seit mehr als 12 Jahren berät twentyfifty Unternehmen bei der Umsetzung menschenrechtlicher Sorgfalt, zu nachhaltiger Beschaffung und zu Women’s Empowerment. Frau Koalick hat Unternehmen aus dem Textil-, Chemie-, Pharma-, Energie-, Telekommunikations- und Tourismussektor bei menschenrechtlichen Risikoanalysen, Impact Assessments, nachhaltiger Beschaffung und beim Aufbau interner Kapazitäten zu sozialer Nachhaltigkeit unterstützt.

Kontakt: [email protected]