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Meinung

13 Nov 2015

Autor:
Marie Müller-Koné, BICC Bonn International Center for Conversion

Unternehmerische Sorgfaltspflichten bezüglich Konfliktregionen auf dem Prüfstand

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Das Europäische Parlament hat Mitte Mai 2015 für eine verbindliche Sorgfaltspflicht europäischer Unternehmen gestimmt,  eine Gruppe eingeführter oder verwendeter Metalle wie Coltan, Zinn, Wolfram und Gold weltweit auf ihren Konflikthintergrund zu untersuchen. Dieses Votum steht im Widerspruch zum ursprünglichen Richtlinienentwurf der Europäischen Kommission, der eine freiwillige Sorgfaltspflicht nur für Importeure von Mineralien (Konzentrate) und Metallen (z.B. Legierungen, ein Schritt weiter in der Verarbeitungskette) vorgesehen hatte. Deswegen findet derzeit die erneute Meinungsbildung innerhalb der Mitgliedsstaaten statt, um anschließend im informellen Trilogverfahren zwischen Europäischer Kommission, Parlament und Ministerrat zu einem Kompromiss zu finden.

Die bevorstehende Einführung der europäischen Gesetzgebung zu Konfliktmineralien steht im Kontext einer globalen Diskussion über die menschenrechtliche Verantwortung von Unternehmen. Hierzu verabschiedeten die Vereinten Nationen Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte. Angesichts der Tatsache, dass Bergbauprodukte immer wieder als Finanzierungsquelle für bewaffnete Gruppen in Konflikten dienen und so die Dynamik organisierter Gewalt mit beeinflussen, entwickelte die OECD Leitlinien für die Erfüllung der Sorgfaltspflicht zur Förderung verantwortungsvoller Lieferketten für Mineralien aus Konflikt- und Hochrisikogebieten. Diese bilden nun die Grundlage für den europäischen Gesetzgebungsprozess.

Unterschiede zwischen Dodd Frank Act und dem europäischen Gesetzgebungsentwurf

Die Diskussion über die europäische Gesetzgebung ist aber viel mehr von den Anforderungen des amerikanischen Dodd Frank Act geprägt. Dieser, im Jahr 2010 verabschiedet,  verpflichtet US-börsennotierte Unternehmen (und veranlasst indirekt deren Zulieferer weltweit), Sorgfaltspflichten in Bezug auf Konfliktmineralien umzusetzen und darüber öffentlich zu berichten. Was beinhaltet diese Sorgfaltspflicht laut Dodd Frank Act? Unternehmen müssen prüfen, ob sie Coltan, Zinn, Wolfram und Gold aus der DR Kongo oder ihren Nachbarländern in ihren Produkten verwerten und falls ja, die genaue Herkunft der Mineralien bis zur Mine nachvollziehen und dabei prüfen, ob sie aus Minen beziehen, die unter der Kontrolle bewaffneter Gruppen (Milizen und Rebellengruppen oder staatliches Militär) stehen, die schlimmste Menschenrechtsverletzungen begangen haben. Sie müssen unabhängige Audits durchführen lassen über die Erfüllung ihrer Sorgfaltspflicht.

Hervorzuheben ist hierbei, dass Unternehmen laut Dodd Frank Act ihre Pflicht damit erfüllen, dass sie glaubwürdig darlegen, dass sie keine Mineralien aus der DR Kongo und ihren Nachbarländern beziehen, also „Congo-free“ seien. Zweitens müssen sie selbst die Herkunft der Mineralien bis zur Mine nachvollziehen, falls sie doch aus der Region beziehen.

Die geplante europäische Gesetzgebung ist stark vom Dodd Frank Act inspiriert, zieht jedoch noch konkretere Parallelen zu den OECD Leitlinien für die Erfüllung der Sorgfaltspflicht zur Förderung verantwortungsvoller Lieferketten für Mineralien aus Konflikt- und Hochrisikogebieten. Die Parallelen mit dem Dodd Frank Act liegen im Fokus der Gesetzgebung auf die vier Metalle Coltan, Zinn, Wolfram und Gold und im Instrument der unternehmerischen Sorgfaltspflicht als solches, anstelle etwa eines Importverbots. Die Unterschiede liegen im weltweiten Anwendungsbereich; in der Art der betroffenen Unternehmen (Importeure statt börsennotierte Unternehmen) und der Interpretation der unternehmerischen Sorgfaltspflicht. Diese Unterschiede betreffen Teile der europäischen Gesetzgebungsentwürfe, die relativ unstrittig sind und daher mit großer Wahrscheinlichkeit auch Teil der endgültigen Gesetzgebung sein werden.

Die EU-Gesetzgebung wird einen sehr viel breiteren geographischen Anwendungsbereich haben, weil sie Konfliktmineralien nicht wie der Dodd Frank Act als Coltan, Zinn, Wolfram und Gold aus der DR Kongo und ihren Nachbarländern definiert, sondern auf der OECD-Definition von  Konflikt- und Hochrisikogebieten aufbaut, die Gebiete weltweit umfasst, die von bewaffneten Konflikten und weit verbreiteten Verstößen gegen internationales Recht einschließlich Menschenrechtsverletzungen gekennzeichnet sind.

Laut OECD Leitlinien sollten Unternehmen sich von Zulieferern trennen, wenn ein begründetes Risiko besteht, nicht-staatliche bewaffnete Gruppen (in)direkt zu finanzieren , oder von Konfliktparteien zu beziehen, die schlimmste Menschenrechtsverletzungen begangen haben (Folter, Zwangsarbeit, schlimmste Formen der Kinderarbeit, Verstöße gegen humanitäres Völkerrecht).

Die OECD Leitlinien sowie die europäischen Gesetzgebungsentwürfe unterscheiden bei der Sorgfaltspflicht nach Größe und Position des Unternehmens in der Wertschöpfungskette. Das heißt jedes Unternehmen muss nur seinem wirtschaftlichen Gewicht entsprechend die Sorgfaltspflicht erfüllen. Für verarbeitende Unternehmen im Downstream-Bereich der Wertschöpfungskette bedeutet dass, dass sie hauptsächlich von den Hütten und Raffinerien in ihren Lieferketten Auskünfte verlangen und nicht die gesamte Lieferkette bis zur Mine selber nachvollziehen müssen.

Zudem kann die europäische Industrie auf bisherigen Erfahrungen in der Umsetzung der Dodd –Frank-Regelungen aufbauen. Verarbeitende Unternehmen des Downstream-Bereichs nutzen bereits existierende  sog. „Conflict Minerals Templates“ von Industrieinitiativen. Die Conflict-Free Smelter Initiative hat sich inzwischen als internationaler Standard auf Hütten- und Raffinerieebene etabliert, was die große Zahl im Prozess der Zertifizierung befindlichen Hütten (ca. 150 von 280 weltweiten Hütten der 3 T) aus allen Weltregionen nahelegt.

Was die Kosten der Sorgfaltspflicht anbelangt, kommt eine von der Europäischen Kommission in Auftrag gegebene Studie zum Ergebnis, dass sich die Kosten für Unternehmen, die eine komplette Softwarelösung verwenden, als „minimal“ bis „moderat“ darstellen. Die meisten befragten Unternehmen kamen mit €13,500 für die Initiierung der Prozesse und jährlich €2,700 für die Weiterführung der Prozesse aus, was 0.014% bzw. 0.011% des Umsatzes der meisten Unternehmen entsprach (Quelle: European Commission, 2014).

Die weltweite Anwendung der europäischen Gesetzgebung verlangt natürlich eine Anpassung der existierenden Systeme der Sorgfaltspflicht entlang der Lieferketten, jedoch nicht ihre Neugestaltung. Die von der europäischen Industrie geforderte Länderliste wird von Europäischer Kommission und einigen zivilgesellschaftlichen Gruppen bisher abgelehnt, vermutlich um zu verhindern, dass Unternehmen sich erneut in Erstreaktion komplett aus einer Region zurückziehen.  Andererseits ist die Forderung der Industrie verständlich, dass die Anforderungen der unternehmerischen Sorgfaltspflicht möglichst klar sein müssen. Damit hatten Zulieferer auch in der bisherigen Umsetzung der Dodd-Frank –Regulierung zu kämpfen. Die Europäische Kommission wird den Unternehmen daher ein sehr klares Analyseraster anbieten müssen. Erste Anhaltspunkte für weltweite Risiken und weitere Analyseschritte könnte man erhalten, indem  man die geografischen Layer von Rohstofffördergebieten und Konfliktgebieten übereinanderlegt. Ähnliche GIS-Darstellungen hat das Bonn International Center for Conversion (BICC) für die Bundeszentrale für Politische Bildung bereits realisiert (http://sicherheitspolitik.bpb.de/rohstoffe-und-konflikte).

Direkte Auswirkungen unternehmerischer Sorgfaltspflichten auf Konfliktregionen

Die Unterschiede zwischen Dodd Frank Act und geplanter europäischer Gesetzgebung sind bedeutend, weil Wirkungen und Nebenwirkungen des Dodd Frank Act sehr kontrovers diskutiert wurden und oft als Gegenargument gegen eine ähnlich verpflichtende Gesetzgebung in Europa verwendet werden. Gleichzeitig müssen erste Hinweise auf Auswirkungen des Dodd Frank Act ernst genommen werden, um eine Idee von der Effektivität unternehmerischer Sorgfaltspflichten in Bezug auf Konfliktregionen zu bekommen, sollte diese für europäische Unternehmen tatsächlich verpflichtend gemacht werden.

Welchen positiven Beitrag können unternehmerische Sorgfaltspflichten in Bezug auf Konfliktregionen leisten? Zunächst muss festgehalten werden, dass sie kein Instrument zur Beilegung akuter Gewaltkonflikte sind, sondern Instrumente zur Förderung unternehmerischer Verantwortlichkeit. Aus einer friedensforschenden Perspektive kann man von Initiativen, die Transparenz im Rohstoffsektor anstreben, nicht erwarten, dass sie die Konflikte an sich lösen, die meist sehr vielfältige Ursachen haben. Selbst in DR Kongo ist das der Fall. Wie Forschungsarbeiten des BICC und anderer Institute ergeben, sind Konfliktakteure längst nicht nur von Gier angetrieben. Transparenzinitiativen sind als eines von vielen Instrumenten zu sehen, die den Fortgang bewaffneter Konflikte indirekt beeinflussen können. Um zur Beilegung akuter Gewaltkonflikte beizutragen, müssen Instrumente unternehmerischer Sorgfaltspflicht daher  in friedens-, entwicklungs- und sicherheitspolitische Maßnahmen eingebettet sein.

In erster Linie ist die Sorgfaltspflicht in Bezug auf Konfliktmineralien also ein Instrument, um Unternehmen für ihre Verantwortung in diesem Bereich zu sensibilisieren, Konsumenten die Möglichkeit zu geben, informierte Entscheidungen zu treffen, und für Investoren, die Risiken ihrer Investitionen besser abzuschätzen. Ihr Beitrag zur Konfliktbeilegung kann meines Erachtens vor allem im langfristigen Aufbau verbesserter Governance-Institutionen liegen. Im Fall der DR Kongo geht es unter anderem darum, die Verfügungsmechanismen über die Rohstoffe,  also die Rohstoff-Governance, zu verbessern, weil ein Faktor der dortigen Gewaltkonflikte auch die Unfähigkeit und Unwilligkeit staatlicher Institutionen ist, die Einnahmen aus dem Rohstoffsektor so zu verwalten, dass sie zu Sicherheit und Wohlstand der Bevölkerung beitragen. Hier liegt ein möglicher Beitrag unternehmerischer Sorgfaltspflicht zu Friedensförderung im Kongo und anderen Konfliktregionen: die Verbesserung der lokalen Rohstoff-Governance, indem lokale und internationale staatliche und nicht-staatliche Akteure gemeinsame Institutionen schaffen, um Missstände im Rohstoffsektor zu beheben. In der DR Kongo etwa beteiligen sich neben staatlichen Institutionen auch Teile der lokalen Zivilgesellschaft an der Nachverfolgung der Mineralien bis zur Mine, wie in den OECD Leitlinien empfohlen.

Inwiefern unternehmerische Sorgfaltspflichten geeignet sind auch kurz- bis mittelfristig zur Konfliktbeilegung beizutragen, ist noch unklar. Die bisherigen Erfahrungen zeigen ein gemischtes Bild. Wie sich am Fall DR Kongo zeigt, sind die Auswirkungen unternehmerischer Sorgfaltspflichten auf das Gewaltniveau von Konflikten indirekt und daher schwer zu fassen. Direkte Auswirkungen des Dodd Frank Act sind zunächst rein wirtschaftlicher Natur und betreffen vor allem das Preisniveau von in der DR Kongo verkauften Mineralien. In Folge der Verabschiedung des Dodd Frank Act und eines kongolesischen Bergbauverbots für die vier Mineralien in Reaktion auf den Dodd-Frank Act zog sich eine Großzahl von Metallabnehmern aus den Ostprovinzen zurück – obwohl die Sorgfaltspflicht für Unternehmen dies nicht unbedingt vorsieht. An betroffenen Orten verschlechterte sich die Lebensqualität rapide, weil der artisanale, handwerkliche Bergbau dort einer der wichtigsten Wirtschaftszweige ist.

In den letzten zwei Jahren konnte dieser Negativtrend jedoch teilweise wieder rückgängig gemacht werden, weil Prozesse der Rückverfolgbarkeit in der Region der Großen Seen und in der DR Kongo in Gang gesetzt wurden, die es ermöglichen Zinn und Coltan aus Minen zu beziehen, die als unproblematisch eingestuft werden, da keine Einmischung bewaffneter Gruppen zu beobachten ist. Derzeit werden gut 140 der rund 1000 erfassten Minen als unproblematisch eingestuft, wobei die Beobachtungsmissionen erst einen relativ kleinen Teil der Minen besucht haben. Es gibt also heute dank Dodd Frank Act und der dadurch in Gang gesetzten Initiativen der Rückverfolgbarkeit deutlich mehr „verantwortungsvolles“ Zinn, Coltan und Wolfram (die sogenannten 3T: tin, tantalum, tungsten) aus der DR Kongo zu kaufen. Während im Jahr 2009 57% der Arbeiter in beobachteten 3T-Minen von der Einmischung  bewaffneter Gruppen und staatlicher Armee am Mineralienhandel betroffen waren, waren es im Zeitraum 2013-14 nur noch 26 % (Quelle: IPIS 2015).

Indirekte Auswirkungen unternehmerischer Sorgfaltspflichten auf Konfliktregionen

Was der Preis- und Produktionsrückgang für die bewaffneten Konflikte in den Ostprovinzen der DR Kongo bedeutet, ist dagegen schwieriger zu beurteilen. Die Finanzierungsmöglichkeiten aus dem Handel mit Zinn, Coltan und Wolfram haben sich für bewaffnete Gruppen tatsächlich verschlechtert. Andererseits nahm die Bedeutung des Goldabbaus und anderer, nichtmetallischer Rohstoffe für die Konfliktfinanzierung zu. In Goldminen lag die Präsenz von bewaffneten Gruppen und Militär 2014 bei 61%. Zudem sind bestimmte Provinzen weiterhin besonders stark von bewaffneten Konflikten betroffen, etwa Nord- und Südkivu. In diesen Provinzen waren in einem Großteil der Minen (79%) bewaffnete Gruppen oder Militär stationiert; das staatliche Militär war in drei Viertel  dieser Minen auch am Mineralienhandel beteiligt (hauptsächlich über Besteuerung) (Quelle: IPIS 2015).

Die Zu- und Abnahme bewaffneter Gruppen im Zeitraum 2011-2014 alleine mit dem Wegfall der Einkommensmöglichkeiten in bestimmten Bergbausektoren zu erklären, ist jedoch irreführend.  Zu viele andere politische und militärische Faktoren  bleiben dabei unberücksichtigt (siehe BICC Working Paper und Policy Brief). Diesen Ansatz verfolgt eine Studie der University of Wisconsin und der London School of Economics, aus welcher der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI), der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) und der Bundesverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA) in einem Positionspapier zur geplanten EU-Initiative zum verantwortungsvollen Bezug von Rohstoffen aus Konfliktregionen im September 2015 zitieren. Die Studie führt eine Zunahme von Milizengewalt gegen die Zivilbevölkerung im Zeitraum 2010-2011 auf den Dodd-Frank Act und das kongolesische Bergbauverbot  zurück. Sie verfolgt einen interessanten Ansatz, indem sie kongolesische Provinzen, die von den gesetzlichen Maßnahmen betroffen sind, mit nicht betroffenen Provinzen in einer geografischen Analyse vergleicht. In den betroffenen Provinzen kam es laut der Studie ab 2011 zu vermehrten Plünderungen und in Goldabbaugebieten zu gehäuften Kampfhandlungen. Anhand einer bestimmten Akteurstheorie („roving“  versus „stationary bandits“) erklären die Autoren dies mit dem Preis- und Produktionsabfall der drei Industriemetalle im selben Zeitraum. Die Theorie beruht auf einer einseitig ökonomischen Perspektive auf das Verhalten bewaffneter Akteure in Konflikten. Dabei bleiben jedoch andere Faktoren unberücksichtigt: welche die Motivation bewaffneter Gruppen beeinflussen, etwa Frustration über wirtschaftliche und politische Marginalisierung und nicht erfüllte Erwartungen an Entwaffnungs-, Demobilisierungs- und Reintegrations- (DDR)Programme.

Es ist möglich, dass die Zunahme an Plünderungen teilweise auf Preisreduktionen von Zinn, Coltan und Wolfram in Kongos Ostprovinzen zurückzuführen ist. Genauso müssen aber andere politische und soziale Entwicklungen berücksichtigt werden, die den gestiegenen Grad an Gewalt erklären könnten. Ein zentrales politisches Ereignis etwa waren die Präsidentschaftswahlen im November 2011, die Präsident Kabila im Amt bestätigten, aber die generelle politische Frustration auf Seiten der Opposition erhöhte, die im Vorfeld der Wahlen gegängelt wurde und aktuell in der Debatte um eine mögliche Amtszeitverlängerung von Präsident Kabila von Regierungsseite weiter gegängelt wird. Die M23-Rebellenbewegung, die aus der früheren Gruppierung CNDP hervorging und von März 2012 bis November 2013 militärisch aktiv war, hatte eindeutig politische Ambitionen. Sie war einerseits wie der CNDP von Tutsi-Militärs dominiert, die wirtschaftliche und sicherheitspolitische Interessen ruandophoner Tutsi- Bevölkerungsteile vertraten, deren kongolesische Staatsangehörigkeit und Loyalität zum kongolesischen Staat immer wieder in Frage gestellt wird, zumal sie vom ruandischen Militär unterstützt wurden, das während der Kongokriege (1996-1997; 1998-2003) ganze Rohstoffgebiete besetzt gehalten hatte. Sie umfasste aber auch andere ethnische Gruppen, die politische Reformen einforderten.

Zudem war ab 2013 ein Rückgang der Tätigkeit bewaffneter Gruppen zu verzeichnen, der sich auch nicht mit einer rein wirtschaftlichen Theorie bewaffneter Akteure erklären lässt. Unmittelbarer als Preisreduktionen  von Rohstoffen wirken sicherlich militärische Operationen auf die Strategien bewaffneter Gruppen. Seit 2013 gab es vermehrt gemeinsame militärische Operationen von kongolesischer Armee und der militärischen Mission der Vereinten Nationen, Monusco, gegen nicht-staatliche bewaffnete Gruppen, angefangen bei M23. Zudem gingen dem Dodd-Frank Act Friedensverträge mit dem CNDP im Jahr 2009 und darauf folgende Militäroperationen gegen andere Gruppen voraus (Operation Kimia 2 und Amani Leo), die auch für eine verschlechterte Sicherheitslage der Zivilbevölkerung verantwortlich gemacht wurden. Denn das kongolesische Militär ist genauso für Plünderungen an der Zivilbevölkerung bekannt wie nicht-staatliche bewaffnete Gruppen, weil seine Soldaten entweder keinen oder nur marginalen Sold erhalten. Die mangelhafte Integration des CNDP in das kongolesische Militär bedeutete, dass  der CNDP als undisziplinierter Teil der staatlichen Armee die Bevölkerung weiter drangsalieren konnte und sich in Reaktion wieder andere Milizengruppen zur Verteidigung formierten (Quelle: International Alert 2012).

Diese kurzen Schlaglichter auf politische und militärische Entwicklungen in der DR Kongo seit 2009 sollen eine Idee geben von der Reihe an Faktoren, die bei einer umfassenden Analyse der indirekten Auswirkungen unternehmerischer Sorgfaltspflichten zusätzlich berücksichtigt werden müssten.

 

Quellen/Weiterführende Literatur:

Bernarding, N., Guesnet, L., & Müller-Koné, M. (2015). „No rebel without a cause: Shifting the debate about conflict minerals in eastern DRC”, BICC Working Paper 2/2015, Bonn: BICC, verfügbar unter: www.bicc.de.

European Commission. (2014). Impact assessment. Accompanying the Proposal for a Regulation of the European Parliament and of the Council setting up a Union system for supply chain due diligence self-certifciation of responsible importers of tin, tantalum and tungsten, their ores, and gold originating in conflict-affected and high-risk areas (SWD (2014) 53 final), 5 March..

The International Peace Information Service (IPIS) (2015) “Mineral supply chains and conflict links in eastern DRC: 5 years on”, IPIS with contributions and editorial support from the Secretariat to the OECD, 9th Multi-stakeholder forum on responsible mineral supply chains, 4-6 May, Paris, France.

International Alert. (2012). Ending the Deadlock: Towards a new vision of peace in eastern DRC. London: IA.

Müller-Koné, M., Guesnet, L. ( 2015). „How to enforce due diligence? Making EU legislation on ‘conflict minerals’ effective”, BICC Policy Brief 2, Bonn: BICC, verfügbar unter: www.bicc.de.

Parker, Dominic and Vadheim, Bryan (2015). “Resource cursed of policy cursed? U.S. regulation of conflict minerals and the rise of violence in the Congo”; University of Wisconsin/ London School of Economics, June, verfügbar unter: http://aae.wisc.edu/dparker5/papers/DRCConflictWP2015.pdf