Kommentar: EU-Parlament fordert deutlich strengeres Lieferkettengesetz als Bundesregierung
Eine breite Mehrheit der Abgeordneten stimmte am Mittwoch in Brüssel für weitreichende Sorgfaltspflichten für europäische Unternehmen zur Einhaltung der Menschenrechte entlang ihrer Lieferkette. Auch kleine und mittlere Unternehmen sollen demnach darunter fallen. Die EU-Abgeordneten fordern zudem, dass Unternehmen auf Schadensersatz für Menschenrechts- und Umweltverstöße verklagt werden können.
Die Bundesregierung in Berlin hatte sich vergangene Woche nach mehrmonatiger Verzögerung auf ein Lieferkettengesetz für Deutschland geeinigt. Ab 2023 drohen großen deutschen Firmen demnach Millionenstrafen, wenn sie nicht „in angemessener Weise“ gegen Menschenrechtsverstöße in ihren Lieferketten vorgehen. Betroffen wären zunächst Unternehmen mit mehr als 3000 in Deutschland Beschäftigten und ab 2024 auch Firmen ab 1000 Beschäftigten.
Die Europäische Kommission hatte angekündigt, in diesem Jahr ebenfalls ein solches Gesetz für die gesamte EU vorzuschlagen. Das Europaparlament legte dafür diese Woche seine Prioritäten fest...
Die Abgeordneten fordern außerdem, dass die „gesamte Lieferkette“ entsprechend eines „risikobasierten Ansatzes“ abgedeckt werden soll. In Risiko-Sektoren, etwa der Textilindustrie, sollen also auch mittelbare Zulieferer und Subunternehmer von EU-Firmen deren Verantwortung unterliegen. Der Geltungsbereich des deutschen Gesetzesentwurfs ist hier deutlich beschränkter.
Anders als die Bundesregierung sprachen sich die EU-Abgeordneten zudem für strenge Haftungsregeln aus... Auch der Fokus auf den Umweltschutz ist im deutschen Gesetzesentwurf in diesem Ausmaß nicht enthalten.
Der eigentliche EU-Gesetzgebungsprozess beginnt, wenn die Kommission tatsächlich ihren Vorschlag vorlegt und wird voraussichtlich auch noch einige Zeit dauern. Das deutsche Gesetz dürfte vorher in Kraft treten. Die Bundesregierung müsste dann gegebenenfalls nationale Regeln später an EU-Recht anpassen.