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Meinung

21 Apr 2016

Autor:
Peter Knobloch, Christliche Initiative Romero

Konfliktmineralien: Europa muss endlich Verantwortung übernehmen

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Egal ob Smartphones oder Tablets, so unerlässlich die digitalen Alleskönner für uns geworden sind: ob oder wieviel Blut an unserem Gerät klebt, können wir nicht wissen. Europa fehlt ein Gesetz, das den Handel mit Konfliktmineralien transparent macht  – anders als den USA. Als Konfliktmineralien gelten bislang Gold, Zinn, Tantal und Wolfram immer dann, wenn sich bewaffnete Gruppen mit dem illegalen Abbau und Handel dieser Metalle finanzieren. Das führt in Ländern des Globalen Südens wie der DR Kongo, Kolumbien oder Myanmar zu blutigen Konflikten und Unterdrückung.  Gravierende Menschenrechtsverletzungen sind die Folgen. Für die Elektrobranche sind die Metalle bislang aber unersetzlich. So kommen sie meist verarbeitet in Smartphones, Laptops oder Autos auf den Europäischen Markt.

Die Europäische Union ist sich des Problems durchaus bewusst. Das haben wir vor allem der konsequenten Aufklärungsarbeit durch die Zivilgesellschaft zu verdanken. Um die ungewollte Konfliktfinanzierung zu beenden, soll eine Verordnung regeln, wie Unternehmen künftig ihrer menschenrechtlichen Sorgfaltspflicht nachkommen können. Prüfstein sind die OECD-Leitsätze für die Erfüllung der Sorgfaltspflicht zur Förderung verantwortungsvoller Lieferketten für Minerale aus Konflikt- und Hochrisikogebieten, englisch auch kurz als Due Diligence bekannt. Nach diesen sollen Unternehmen überprüfen, wo in ihren Lieferketten Risiken bestehen, Konflikte zu finanzieren. Diese Risiken sollen sie dann minimieren und parallel öffentlich über ihre Aktivitäten berichten. Uneinig ist man sich in der EU jedoch darüber, ob die Sorgfaltspflicht für Unternehmen freiwillig oder verpflichtend sein soll. Außerdem ist noch unklar, welche Industrien in diese Berichtspflichten fallen.

Parlament stellt sich hinter die Zivilgesellschaft

Im März 2014 präsentierte die Europäischen Kommission einen ersten Verordnungsentwurf: Er sah eine freiwillige Selbstzertifizierung vor und galt nur für wenige Unternehmen. Dies hätte kaum verhindert, dass europäische Unternehmen durch ihre Importe bewaffnete Konflikte finanzieren. Am 20. Mai lehnte das Europaparlament den industriefreundlichen Vorschlag der Kommission ab. Es forderte eine verbindliche Verordnung entlang der gesamten Lieferkette und stellte sich damit klar auf die Seite der Zivilgesellschaft. 

Seitdem setzen sich große Teile der Industrie für eine Aufweichung des starken Parlamentsvotums ein. So gelang es dem Industrieverband BDI, seine Argumente in den Tagesthemen zu platzieren. Dabei betont er die Schwächen bei Umsetzung des amerikanischen Konfliktmineralien-Gesetzes. Trotz Mängel zeigt die amerikanische Organisation Enough Project die positiven Effekte des US-Gesetzes, das in der Sektion 1502 des Dodd-Frank Acts verankert ist.

Schaut man auf die Positionen der Mitgliedstaaten, gleichen sie einem Flickenteppich. Einige unterstützen die Forderungen der Zivilgesellschaft – allerdings in stark abgeschwächter Form, besonders was die unternehmerische Reichweite der Verbindlichkeit angeht. Dagegen stellen sich einige wenige Mitgliedstaaten und setzten komplett auf Freiwilligkeit. Die Mitgliedsstaaten argumentieren dabei selten aus Perspektive der Menschenrechte, sondern zumeist aus Sicht von Unternehmensinteressen.

Nun ringen alle Akteure um eine Einigung im Rahmen des formellen Trilogs: VertreterInnen von Europaparlament, EU-Kommission und der niederländischen Ratspräsidentschaft, die die Interessen der Mitgliedstaaten vertritt, trafen sich am 5. April 2016 in Brüssel. 

Niederländer ohne Verhandlungsmandat
Nach dem Scheitern eines ersten Verhandlungstreffens im Februar 2016 wurden große Hoffnungen in diesen zweiten Trilog gesetzt. Doch die niederländische Ratspräsidentschaft kam, auch nach intensiven bilateralen Gesprächen mit 18 Mitgliedstaaten, ohne ein neues Mandat an den Verhandlungstisch.

Als Vertreterin der europäischen Zivilgesellschaft war auch die Christliche Initiative Romero zusammen mit PowerShift vor Ort. Einen Tag vor Verhandlungsbeginn übergaben die beiden Mitglieder der internationalen Kampagne Stop Mad Mining knapp 42.000 Unterschriften der Petition „Stoppt den tödlichen Handel mit Konfliktmineralien“ an EU-Handelskommissarin Cecila Malmström und Roland Roosdorf, den Verhandlungsführer der niederländischen Ratspräsidentschaft.

OECD-Leitsätze bleiben Referenzstandard

Beide betonten, wie wichtig das Thema ist. Einer verpflichtenden Verordnung, zumindest für den Bereich von der Mine bis Schmelze, stimmten sie unabhängig voneinander zu. Dieser Teil der Lieferkette wird als Upstream-Bereich bezeichnet. Fraglich bleibt, was mit dem Rest der Lieferkette passiert. Der als Downstreams bezeichnete Abschnitt von der Schmelze bis zum Endprodukt umfasst den weit größeren Teil der Industrie, der an Konfliktmineralien verdient.

Sollte der Downstream-Bereich bei einer Verordnung ausgeklammert werden, ist zu befürchten, dass er bei künftigen Gesetzesanpassungen außen vor bleibt. Unsicherheit hatte es im Vorfeld des Trilogs auch darüber gegeben, ob eine schwache EU-Verordnung OECD-Standards unterlaufen könnte. Malmström betonte im Gespräch aber: Die OECD-Leitsätze bleiben der Referenzstandard.

Präsidentschaftsvertreter Roosdorp betonte, dass viele Staaten Schwierigkeiten bei der Umsetzung der Verordnung sähen. Soll eine Europäische Behörde darüber wachen, müssen die Mitgliedstaaten neue Stellen schaffen? Diese praktischen Fragen sind noch ungeklärt. Ähnlich die Frage nach dem Zeitplan: Sollen die großen Firmen erst vorausgehen, die Umsetzung evaluiert werden, um anschließend die kleineren Firmen miteinzubeziehen?

Neues Mandat für den Rat

Die Niederländer hoffen, den Trilog noch unter ihrer Ratspräsidentschaft erfolgreich abzuschließen. Für eine starke Verordnung müssten jetzt Länder wie Schweden, Portugal, Griechenland, Italien oder Deutschland, die eine progressivere Position vertreten, dem Rat den Rücken stärken, damit bald eine Einigung in diese Richtung erzielt werden kann.

Die europäische Zivilgesellschaft wird den Prozess weiter eng begleiten. Eine verbindliche Konfliktmineralien-Verordnung könnte einigen der blutigsten Konflikte der Welt den Geldhahn abdrehen oder zumindest ihre Finanzierung deutlich erschweren.

Apple: Ein Vorreiter mit Makeln zeigt den Weg

In einer globalisierten Welt endet die Verantwortung von Unternehmen nicht mehr an den Werkstoren.  Der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen hat diese Verantwortung schon 2011 in den Leitlinien für Wirtschaft und Menschenrechte definiert.

Nur dank verbindlicher Gesetze in den USA weisen Konzerne wie Apple  heute über Audits nach, dass ihre Lieferkette in diesem Jahr zu 100 Prozent frei von den Konfliktrohstoffen Gold, Zinn, Tantal und Wolfram sind. Dies sah vor der Zeit des Dodd Frank Acts noch anders aus: Es wird Zeit, dass europäische Unternehmen rasch nachziehen.

Dass Amnesty International kürzlich in Apples Lieferkette Kinderarbeit beim Cobalt-Abbau aufgedeckt hat, macht nur noch deutlicher: freiwillige Standards werden ignoriert. Cobalt ist für die Produktion vieler Elektrogräte ebenfalls unabdingbar. Anders als Gold, Zinn, Tantal und Wolfram gilt es nach der Sektion 1502 des Dodd-Frank Acts jedoch nicht als Konfliktmineral. Selbst in der progressivsten Fassung einer künftigen europäischen Konfliktmineralienverordnung ist Cobalt außen vor. Das zeigt, in welche Richtung die nächsten Schritte gehen müssen: Verbindliche Sorgfaltspflichten für weitere Rohstoffe, bei deren Abbau und Handel nachweislich Menschenrechte verletzt werden.

 Nicht nur Warlords oder organisiertes Verbrechen, auch Unternehmen und sogar Staaten begehen oft gravierende Menschenrechtsverletzungen im direkten Umfeld von Minen. Etwa wenn sie Gemeinden widerrechtlich vertreiben, ihre Lebensgrundlagen zerstören oder AktivistInnen verfolgen.

Wer im aktuellen Trilog-Prozess eine verbindliche und wirksame Konfliktmineralien-Verordnung unterstützen will, hat die Möglichkeit, sich an einer Briefaktion des kirchlichen Netzwerks CIDSE zu Konfliktmineralien zu beteiligen.

 

Peter Knobloch ist Referent für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit bei der Christlichen Initiative Romero im Rahmen der internationalen Kampagne Stop Mad Mining