Deutsches Lieferkettengesetz: Palästinenser*innen reichen Beschwerde gegen Axel Springer wegen mutmaßlicher Förderung israelischen Landraubs ein
Im November 2024 reichten fünf palästinensische Beschwerdeführer*innen zusammen mit den Dörfern Iskaka, Marda und Taybeh – vertreten durch das Jerusalem Legal Aid and Human Rights Centre (JLAC) – eine Beschwerde gegen die Axel Springer S.E. ein.
Sie werfen der deutschen Medienverlagsgruppe vor, über ihre israelische Tochtergesellschaft illegalen Landraub zu ermöglichen. Konkret beanstanden die Beschwerdeführer, dass die Kleinanzeigen-Website Yad2 nach wie vor einen Großteil der Immobilientransaktionen im besetzten Westjordanland, einschließlich Ost-Jerusalem, vermittelt - zu einer Zeit, in der Vertreibung, Annexion und israelische Siedlergewalt dramatisch eskalieren. Sie argumentieren, dass diese Menschenrechtsverletzungen aus Springers eigenem Geschäftsbereich stammen, da Axel Springer bestimmenden Einfluss auf das Geschäft von Yad2 ausübe. Die Axel Springer S.E. könne daher nach dem deutschen Lieferkettengesetz zur Rechenschaft gezogen werden, weil sie es versäumt habe, angemessene Maßnahmen zur Verhinderung des Landraubs zu ergreifen. Die Beschwerdeführer*innen erwähnen außerdem eine kürzlich erschienene Yad2-Werbung, die ausdrücklich die israelische Kontrolle über das gesamte Westjordanland unterstützt.
Die Klage steht im Zusammenhang mit dem Gutachten des Internationalen Gerichtshofs vom Juli 2024, in dem die Rechtswidrigkeit der israelischen Besetzung des Gazastreifens und des Westjordanlands, einschließlich Ostjerusalems, sowie des damit verbundenen Siedlungsregimes, der Annexion und der Nutzung der natürlichen Ressourcen bestätigt wurde. Der IGH betonte zudem ausdrücklich die Verpflichtung der Staaten, Geschäftstätigkeiten zu verbieten, die die illegale israelische Besatzung der palästinensischen Gebiete unterstützen.
„Illegale Siedlungen und alle Einrichtungen, die ihre Entwicklung und Ausdehnung fördern, zur Rechenschaft zu ziehen, ist für Gerechtigkeit und Frieden in der Region unerlässlich. Die palästinensischen Gemeinschaften, die wir in diesem Fall vertreten, leiden weiterhin unter den schrecklichen Folgen der jahrzehntelangen kolonialen Expansion Israels auf ihrem Land, die Rassendiskriminierung und Apartheid gleichkommt, wie der IGH im Juli 2024 entschieden hat.”Issam Aruri, Generaldirektor von JLAC
Im November 2024 veröffentlichte eine Koalition palästinensischer und europäischer Organisationen eine Untersuchung, wonach die Geschäftsaktivitäten des Axel Springer Konzerns Dienstleistungen und Versorgungsleistungen beinhalten, die den Erhalt und die Existenz der illegalen Siedlungen unterstützen. Die Organisationen werfen zehn großen europäischen Finanzinstituten vor, finanzielle Beziehungen zu Axel Springer zu unterhalten.
Das Business and Human Rights Resource Centre hat die Axel Springer SE eingeladen:
1) zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen.
2) darzulegen, welche Sorgfaltsmaßnahmen das Unternehmen in Bezug auf seine Tochtergesellschaft Yad2 ergriffen hat und wenn überhaupt, welche Schritte es als Reaktion auf die Vorwürfe unternommen hat oder unternehmen wird, einschließlich der Abhilfe für die Betroffenen.
Axel Springer hat keine Stellung zu den Vorwürfen genommen und die Fragen nicht beantwortet. Anfang 2024, als Reaktion auf erste Berichte über die Aktivitäten des Konzerns im Westjordanland, erklärte die Axel Springer S.E., sie handele im Einklang mit israelischem Recht. Als Axel Springer im November 2024 von The Intercept kontaktiert wurde, erklärte das Unternehmen, es habe noch keine Informationen zu der Beschwerde erhalten.