EU: Kommission legt Instrument für ein Importverbot von Produkten aus Zwangsarbeit vor
"So will die EU Produkte aus Zwangsarbeit stoppen", 14. September 2022
Viele Menschen wollen sich vor Covid schützen, indem sie manchmal dünne blaue Einmal-Handschuhe tragen. Der Großteil dieser Handschuhe kommt aus Malaysia - und wird dort auch von Zwangsarbeitern gefertigt. Solche und andere Waren, bei denen Zwangsarbeiter beteiligt sind, sollen künftig nicht mehr in der EU verkauft werden dürfen. Nationale Aufsichtsbehörden sollen die Güter aus dem Verkehr ziehen, Zöllner sollen Im- und Exporte stoppen. Dies sieht eine Verordnung vor, welche die Kommission in dieser Woche präsentieren will. Der Süddeutschen Zeitung liegt ein 38-seitiger Entwurf vor.
Nach Schätzungen der Internationalen Arbeitsorganisation ILO gibt es 27,6 Millionen Zwangsarbeiter...
Konkret sieht die Verordnung vor, dass Behörden der Mitgliedstaaten Informationen sammeln und prüfen, ob bei bestimmten Produkten das Risiko besteht, dass Hersteller oder Zulieferer Zwangsarbeiter beschäftigen. Die Kommission will zudem eine Datenbank zu besonders betroffenen Gütern aufbauen. Gerät ein Unternehmen oder ein Produkt in Verdacht, leiten die Behörden Untersuchungen ein. Die Beamten dürfen Betrieben Besuche abstatten, auch im Ausland. Kann die Firma die Vorwürfe nicht entkräften, verbieten die Behörden den Verkauf in der EU sowie Im- und Exporte. Waren, die schon in den Regalen sind, werden zurückgerufen und zerstört oder gespendet.
Wollen sich Konzerne derartigen Ärger ersparen, müssen sie sorgfältig prüfen, ob ihre Zulieferer in aller Welt vielleicht Zwangsarbeiter beschäftigen. Allerdings will Brüssel solche Bemühungen ohnehin bald vorschreiben: Vor einem halben Jahr legte die Kommission den Entwurf eines EU-Lieferkettengesetzes vor, das über die deutsche Version deutlich hinausgeht. Die Richtlinie verlangt, dass Firmen bei der kompletten Lieferkette auf Verstöße gegen Menschenrechte und Umweltverschmutzung achten und diese abstellen...
Kritik an dem Vorschlag kommt von den Grünen. Anna Cavazzini, die handelspolitische Sprecherin der Fraktion im Europaparlament, begrüßt die Initiative zwar grundsätzlich: "Der Handlungsdruck ist groß", sagt sie. Produkte, bei denen Zwangsarbeiter beteiligt seien, "landen oft in unseren Supermarktregalen, was europäische Verbraucherinnen und Verbraucher zu unfreiwilligen Komplizen macht". Doch in den Verhandlungen über das Gesetz im Parlament werde sie darauf dringen, dass "die Hürde der Beweislast" für die Behörden nicht zu hoch sei.
Cavazzini würde es lieber sehen, dass der Rechtsakt den Unternehmen die Beweislast aufbürdet - so wie bei einem ähnlichen Gesetz in den USA. Gibt es Hinweise auf Zwangsarbeit, müssen die Konzerne dort nachweisen, dass ihre Zulieferer mit solchen Machenschaften nichts zu tun haben.