EU-Mitgliedstaaten ringen um Geltungsbereich des Lieferkettengesetzes
Die ursprünglich von der Kommission am 23. Februar 2022 vorgeschlagene Richtlinie würde die Mitgliedsstaaten dazu verpflichten, Rechtsvorschriften einzuführen, die Unternehmen für Verletzungen von Menschenrechten und Umweltstandards entlang ihrer gesamten Wertschöpfungskette verantwortlich machen...
Mehrere EU-Diplomaten bestätigten gegenüber EURACTIV jedoch, dass eine Koalition von Mitgliedstaaten – darunter Frankreich, Italien, Spanien und Portugal – versucht, dies in letzter Minute zu verhindern, indem sie den Geltungsbereich der Richtlinie auf die Lieferkette eines Unternehmens beschränken...
„Wir glauben, dass der Fokus auf den vorgelagerten und nicht auf den nachgelagerten Bereichen [der Wertschöpfungskette] liegen sollte“, sagte ein Diplomat eines EU-Mitgliedsstaates gegenüber EURACTIV und argumentierte, dass die Sorgfaltspflicht in der Lieferkette bereits sehr ehrgeizig sei.
Dem Diplomaten zufolge würde die Einbeziehung des nachgelagerten Teils der Wertschöpfungskette eine Reihe von komplexen rechtlichen Fragen aufwerfen. Der Diplomat sagte auch, dass die Mehrheit der Mitgliedsstaaten der Meinung sei, dass sich die Richtlinie auf den vorgelagerten Teil der Wertschöpfungskette konzentrieren sollte.
Ein Diplomat eines weiteren EU-Landes erklärte gegenüber EURACTIV, dass der Vorstoß Frankreichs „an einen Punkt gelangt, an dem die Wertschöpfungskette nur noch dem Namen nach übrig bleiben würde.“
Wie mehrere EU-Diplomat:innen gegenüber EURACTIV bestätigten, wird der Vorstoß von Deutschland, Dänemark, Finnland, den Niederlanden und Luxemburg abgelehnt.
„Die Unternehmen würden für die Schäden, die ihre Produkte verursachen, völlig ungeschoren davonkommen“, sagte eine mit den Verhandlungen vertraute Quelle gegenüber EURACTIV zu den Folgen einer Abkehr vom Wertschöpfungskettenansatz zugunsten eines Lieferkettenansatzes.
So würden beispielsweise die Hersteller von Pestiziden nicht zur Verantwortung gezogen, wenn ihre Produkte in einer Weise verwendet werden, die besonders schädlich für die Umwelt oder die öffentliche Gesundheit ist. Oder die Hersteller von digitalen Überwachungsinstrumenten könnten nicht zur Verantwortung gezogen werden, wenn ihre Instrumente für illegale Überwachungsmaßnahmen wie Pegasus oder Predator eingesetzt werden...