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Artikel

24 Sep 2023

Autor:
Frankfurter Rundschau,
Autor:
Bianet

Türkei: Beschäftigte eines Lidl-Lieferanten protestieren gegen miserable Arbeitsbedingungen und fordern Umsetzung des Lieferkettengesetzes

"Der Kampf der türkischen Arbeiterinnen: „Sie sind die wahren Diebe“"

Seit mehr als 30 Tagen demonstrieren in einem kleinen Ortsteil von Izmir die Beschäftigten des türkischen Lidl-Lieferanten Agrobay gegen miserable Arbeitsbedingungen. Sie fordern vom deutschen Discounter, das Lieferkettengesetz umzusetzen.

„Agrobay-Widerstand“ steht auf einem Schild in einem kleinen Ortsteil der westtürkischen Stadt Izmir. Seit mehr als 30 Tagen demonstrieren hier täglich Dutzende von Arbeiterinnen vor dem türkischen Unternehmen Agrobay, einem Gewächshaus. Sie beklagen die Missstände, die bei ihrem Arbeitgeber herrschen. Unter anderem gebe es seit mehreren Jahren verspätete Lohnzahlungen, unbezahlte Überstunden und „unmenschliche Arbeitsbedingungen“. Ende August soll Agrobay sie entlassen haben, weil sie sich gewerkschaftlich organisiert haben.

Als letzten Ausweg demonstrierten die Arbeiterinnen am vergangenen Mittwoch vor dem deutschen Generalkonsulat in Istanbul und schrieben einen offenen Brief an den deutschen Generalkonsul, um die deutschen Behörden an ihre Verantwortung für das Lieferkettengesetz zu erinnern – denn das Gewächshaus ist einer der Tomatenlieferanten des deutschen Discounters Lidl.

Offener Brief an den deutschen Generalkonsul

„Die Beschäftigten leiden unter einem feindseligen Arbeitsumfeld, einschließlich der Verweigerung von Grundbedürfnissen wie Pausen, Wasser und Toiletten“, heißt es in dem offenen Brief der Landarbeitergewerkschaft Tarim-Sen an den deutschen Generalkonsul Johannes Regenbrecht. Außerdem gebe es schon seit langem mehrere nicht gemeldete Arbeitsunfälle und Sicherheitsmängel. [...]

Lidl gibt an, Ermittlungen eingeleitet zu haben

[...] Doch trotz der schlechten Bedingungen wollen sie ihre Stellen zurück und vor allem die Frauen, alle zwischen 40 und 60 Jahre alt, organisieren jeden Tag den Widerstand vor dem Gewächshaus im Ortsteil Bergama. Aber auch das ist nicht einfach. Während des Agrobay-Widerstands ist es immer wieder zu Zusammenstößen mit der Polizei und der Gendarmerie gekommen. Die Videos der Arbeiterinnen, die von der Polizei angegriffen, zu Boden geworfen und in Gewahrsam geschleift wurden, sorgten im Netz für Aufregung. Mehrere von ihnen wurden dabei verletzt ins Krankenhaus gebracht.

„Die Deutschen sollten sich fragen, unter welchen sklavereihaften Bedingungen ihre Tomaten produziert werden“, sagte der Vorsitzende von Tarim-Sen, Umut Kocagöz, der Frankfurter Rundschau. „Wir wollen erreichen, dass die deutschen Unternehmen in der Türkei ihre Lieferanten regelmäßig überprüfen, um die Einhaltung von Arbeits- und Menschenrechtsstandards sicherzustellen.“ Die Situation bei Agrobay verdeutliche die Bedeutung des deutschen Lieferkettengesetzes und sein Potenzial, positive Veränderungen in globalen Lieferketten zu bewirken.

Arzu Sentürk, Geschäftsführerin von Agrobay, weist die Vorwürfe zurück. Die Beschäftigten seien nicht wegen ihrer Gewerkschaftsmitgliedschaft entlassen worden, sondern weil sie während einer Demonstration die Zufahrtsstraßen zum Firmengelände blockiert hätten. „Vor allem in den Sommermonaten verzögerte sich die Auszahlung der Gehälter manchmal um ein paar Tage, weil die Produktion stillstand, aber es gab nie eine Situation, in der das Gehalt nicht gezahlt wurde“, sagte Sentürk der FR. Ihr Geschäft habe mehr als 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und unterliege der Grasp-Zertifizierung – eine Prüfung von Standards, die sowohl für die Mitarbeiter:innen des Unternehmens als auch für die Verbraucher wichtig seien, wie etwa Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und soziale Belange der Arbeitnehmer:innen.

„Die aktuell gegen Agrobay erhobenen Vorwürfe bezüglich der Einschränkung von Vereinigungsfreiheit sowie der Einschränkung des Rechts auf faire Entlohnung und körperliche und geistige Gesundheit sind nicht mit unseren Unternehmensgrundsätzen und unserem Code of Conduct vereinbar und für uns nicht akzeptabel“, sagte ein Sprecher des Discounters Lidl auf Anfrage der FR. Lidl sei über die aktuellen Ereignisse informiert worden und habe sofort Ermittlungen eingeleitet. „Lidl bekennt sich zu seiner unternehmerischen Sorgfaltspflicht. Wir arbeiten intensiv daran, negative Auswirkungen in unseren Lieferketten zu minimieren, bei Rechteverletzungen effektiv abzuhelfen und unseren Einfluss für positive Veränderung zu nutzen“, betonte der Pressesprecher. Aufgrund des laufenden Verfahrens könne der Discounter aber derzeit dazu keine weiteren Informationen geben.

Für die Arbeiterinnen geht der Widerstand in Izmir weiter. [...] Die Gewerkschaft Tarim-Sen fordert nun ein Gespräch mit dem Discounter Lidl und Agrobay, um die Verstöße anzusprechen und zu beheben.

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