Zehntausende schließen sich Sammelklage gegen Philips wegen möglicherweise fehlerhafter Atemgeräte an
"Zehntausende schließen sich Sammelklage gegen Philips an"
Innerhalb weniger Wochen haben sich in Deutschland etwa 20.000 Menschen einer europäischen Sammelklage gegen Philips angeschlossen, wie NDR-Recherchen ergaben. Sie hoffen nach einem Rückruf von Atemgeräten auf Schmerzensgeld.
Es war der bislang wohl größte Rückruf eines Medizinproduktes. Im Sommer 2021 hatte die Firma Philips Respironics über Probleme mit ihren Atemgeräten informiert. Ein zur Schalldämmung verbauter Schaumstoff konnte sich auflösen und von den Patienten eingeatmet werden. Zudem wurden in einigen Geräten möglicherweise gesundheitsgefährdende Chemikalien entdeckt.
Mehr als fünf Millionen Patienten weltweit waren betroffen, davon etwa 1,2 Millionen in Europa. Sie können nun auf eine Entschädigung hoffen. In Italien hat eine Verbraucherschutz-Organisation zusammen mit einem Verband mehrerer Anwaltskanzleien im Juli diesen Jahres die erste europaweite Sammelklage eingereicht.
Krankenkassen informierten Betroffene
Monatelang wussten aber offenbar nur wenige Betroffene davon. In den vergangenen Wochen schrieben jedoch nach NDR-Recherchen mehrere Krankenkassen Zehntausende Versicherte an, die ein solches Gerät verwendet hatten, um sie über die Klagemöglichkeit zu informieren.[...]
Philips geht gerichtlich gegen Krankenkassen vor
Das Informationsschreiben ist ein ungewöhnlicher Schritt der Krankenkassen. Für Philips gehen sie damit wohl zu weit. Der Konzern geht nach NDR-Recherchen juristisch dagegen vor und hat dafür eine große US-Kanzlei beauftragt. Philips reichte demnach beim Sozialgericht München Anträge auf "Erlass einer einstweiligen Anordnung" ein. Den Kassen soll damit offenbar untersagt werden, weiterhin solche Informationsschreiben zu verschicken.
Auf NDR-Nachfrage will sich Philips dazu nicht äußern. Man kommentiere keine laufenden rechtlichen Verfahren, heißt es. Grundsätzlich weist das Unternehmen daraufhin, dass die bisherigen Testergebnisse zu dem Schluss kämen, "dass die Verwendung der Schlaftherapiegeräte voraussichtlich keine nennenswerten Gesundheitsschäden bei den Patienten verursacht hat." [...]
Sollte Philips juristisch Erfolg haben, könnte es für Betroffene schwierig werden, Schmerzensgeldansprüche geltend zu machen. Im Juni 2021 hatte Philips den Rückruf der Atemgeräte gestartet. Drei Jahre später - am 31.12. dieses Jahres - endet die Verjährungsfrist und damit die Möglichkeit von betroffenen Patienten, noch ein Schmerzensgeld zu bekommen. Bis dahin wird auch eine Entscheidung vom Sozialgericht München über die einstweilige Anordnung erwartet.