Kanzleramt & Wirtschaftsministerium wollen laut Medienberichten menschenrechtliche Vorschriften für die Wirtschaft verhindern
Frankreich hat es schon: ein Gesetz, das Großunternehmen klare Vorgaben zur Einhaltung von Menschenrechten bei ihren Auslandsgeschäften macht. In Deutschland hingegen wollen das Bundeskanzleramt und das Bundeswirtschaftsministerium ein solches Gesetz offenbar unbedingt verhindern...
Dies zeigt ein vertraulicher Entwurf mit kompliziertem Namen: "Monitoring des Umsetzungsstandes der im Nationalen Aktionsplan Wirtschaft und Menschenrechte 2016-2020 beschriebenen menschenrechtlichen Sorgfaltspflicht von Unternehmen"... In ihm sind mehrere Forderungen des Kanzleramts und des Wirtschaftsministeriums vermerkt, die dafür sorgen dürften, dass die Ergebnisse der Befragung besser ausfallen.
Die Resultate dieser Befragung sind hochrelevant. Denn bislang setzt die Bundesregierung auf freiwillige Selbstverpflichtungen der Wirtschaft...
Kanzleramt und Wirtschaftsministerium wollen das Gesetz offenbar verhindern - und das Monitoring an vier Stellen aufweichen.
Einführung der neuen Kategorie "Grenzfälle"
Unternehmen, die die Anforderungen knapp nicht erfüllen, wurden vor den Interventionen des Kanzleramts und des Wirtschaftsministeriums als Nichterfüller gewertet. Stattdessen sollen sie jetzt als "Grenzfälle" eingestuft und darauf überprüft werden, ob sie "bei Gesamtwürdigung ihrer menschenrechtlichen Sorgfaltsaktivitäten doch als 'Erfüller' zu bewerten sind." Das heißt: Mehr "Erfüller".
Keine K.o.-Kriterien mehr
Bislang war vorgesehen, dass ein Unternehmen jedes einzelne Element des Anforderungskatalogs erfüllen muss, um als "Erfüller" gewertet zu werden. Nunmehr soll ein "Ausgleich zwischen den Elementen" möglich sein. Das hieße: Unternehmen, die in einem Bereich gut sind, können Schwächen woanders kompensieren. Ergebnis: mehr "Erfüller".
Nichtteilnehmer statt Nichterfüller
Ursprünglich war vorgesehen, Unternehmen, die den Fragebogen nicht vollständig ausfüllen, als "Nichterfüller" zu werten. Doch Kanzleramt und Wirtschaftsministerium fordern, sie zu Nichtteilnehmern zu erklären... So würde die Anzahl der negativen Fälle sinken.
Anderer Ansatz gegen Verzerrungen durch die Befragung
Unternehmen mit guter Menschenrechtsbilanz dürften eher bei der Befragung mitmachen als Betriebe, bei denen es im Argen liegt. Die Ergebnisse des Monitorings könnten also positiver ausfallen, als es der Wirklichkeit entspricht. Die Verzerrung sollte durch einen "Kontrollgruppenansatz" korrigiert werden: einen repräsentativen Vergleich zwischen Teilnehmern und Nichtteilnehmern. Aber der Passus wurde gestrichen... Jetzt heißt es: bei Verzerrung könnten "auch mikroökonomische Methoden ein valides Ergebnis produzieren"...