Dachverband Kritische Aktionäre kommentiert Entwurf des Lieferkettengesetzes
Dass es überhaupt ein Gesetz geben wird, welches deutschen Unternehmen eine Analyse ihrer Menschenrechtsrisiken vorschreibt, ist ein Erfolg...
Kann das nun geplante Gesetz daran etwas ändern und – das ist die entscheidende Frage – dazu beitragen, systematische Verletzungen elementarer Menschenrechte in globalen Lieferketten zu reduzieren und im Idealfall gänzlich zu verhindern?
Darüber wird jetzt der Bundestag debattieren. Für einen echten Fortschritt gegenüber dem Status Quo muss er laut Ansicht des Dachverbands der Kritischen Aktionär:innen noch an etlichen Stellen nachbessern...
Unternehmen versuchen verständlicherweise, sich keinem großen Haftungsrisiko auszusetzen. Das Lieferkettengesetz hätte hier helfen können, in dem es einen eindeutig definierten Rechtsrahmen setzt und damit Rechtssicherheit schafft... Es geht um einen rechtsstaatlichen Sanktionsmechanismus, der unterstreicht, wie wichtig menschenrechtliche Sorgfalt in unternehmerischem Handeln ist.
Denn Klagen sind auch so möglich, nur weiterhin mit sehr viel Rechtsunsicherheit behaftet – für alle Beteiligten...
Individuelle Rechtszugänge sollten die Wahrnehmung von Ansprüchen auf Schadensausgleich sicherstellen. Doch statt mit Verweis auf Missachtung der Sorgfaltspflichten vor deutschen Gerichten Schadensersatz einzufordern zu können, bleibt es bei der umständlichen und zeitaufwändigen Einzelfallprüfung, ob und wie ausländisches Recht angewandt werden muss. Daher hilft es kaum, wenn Betroffene sich von Gewerkschaften oder NGOs vertreten lassen können...
[E]inige Menschenrechtskonventionen [sind] im Referenten-Entwurf nicht explizit genannt...
Ein einseitiger Fokus auf direkte Zulieferer wird der realen Struktur von Lieferketten jedoch bei weitem nicht gerecht.
Die UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte machen die Unterscheidung bei mittelbaren und unmittelbaren Zulieferern auch aus einem anderen Grund nicht: Handlungsbedarf besteht nicht nur dann, wenn es schon zu spät ist...
Die Mitglieder des Bundestages haben nun die Möglichkeit, schon mit relativ kleinen Änderungen ein deutlich effektiveres Gesetz zu verabschieden. Dazu müssten vor allem die Fraktionen von CSU und SPD Mut zur Eigenständigkeit beweisen und sich nicht in vorauseilendem Gehorsam an den Kompromiss der beteiligten Ministerien gebunden fühlen. Sowohl Gerd Müller (CSU) als auch Hubertus Heil (SPD) hatten ursprünglich deutlich ambitioniertere Pläne in ihren Ministerien erarbeiten lassen. Gerade die SPD-Fraktion sollte zum Ende der Legislaturperiode dem „Ersten Struckschen Gesetz“ ihre Ehre erweisen. Denn dieses nach Peter Struck benannte Gesetz besagt, dass kein Gesetz den Bundestag so verlässt, wie es hineingekommen ist, und dies galt laut Struck sogar für Gesetze, die von Struck selbst vorbereitet wurden. Von daher täte dem Lieferkettengesetz eine strucksche Wendung sehr gut.