EU: Menschenrechtsorganisation HateAid beschuldigt Tiktok, DSA-Vorschriften zu verletzen; inkl. Antwort des Unternehmens
"Meldung von strafbaren Inhalten: HateAid reicht Beschwerde gegen TikTok ein"
Wer auf TikTok ein Video mit unerlaubten Inhalten zu sehen bekommt, sollte dieses eigentlich unkompliziert an die Betreiber der App melden können. Die Organisation HateAid sieht nach SPIEGEL-Informationen aber erhebliche Mängel.
Wer auf TikTok ein Video mit unerlaubten Inhalten zu sehen bekommt, sollte dieses eigentlich unkompliziert an die Betreiber der App melden können. So verlangt es das neue Digitalgesetz der EU, der Digital Services Act (DSA), von allen großen Social-Media-Plattformen. Doch die Organisation HateAid, die Betroffene von Hassrede und digitaler Gewalt unterstützt, wirft TiKTok vor, mit seiner Meldefunktion gegen Artikel 16 des DSA zu verstoßen.
Der Paragraf ist explizit darauf ausgerichtet, dass es für Nutzerinnen und Nutzern einfach und nachvollziehbar sein soll, wie sie Beiträge melden können. Das soll helfen, um Hetze und strafbare Inhalte von Social-Media-Plattformen prüfen und gegebenenfalls löschen zu lassen.
Die Organisation HateAid, die die Funktion gemeinsam mit dem Juristen Daniel Holznagel getestet und analysiert hat, sieht jedoch erheblichen Nachholbedarf: »Der von TikTok eingerichtete Meldeweg ist unserer rechtlichen Einschätzung nach nicht benutzerfreundlich und nicht leicht zugänglich«, heißt es in einer am Donnerstag eingereichten Beschwerde, die dem SPIEGEL vorliegt. HateAid hat die formelle Beschwerde an die Bundesnetzagentur in Bonn adressiert. Die Behörde ist in Deutschland dafür zuständig, die Einhaltung des DSA zu kontrollieren. [...]
»Wir waren überrascht, dass die Kommission wegen der Meldewege noch gar nicht gegen TikTok vorgegangen ist«, sagt Franziska Benning von HateAid. »Für Menschen, die von digitaler Gewalt betroffen sind, ist es sehr wichtig, dass rechtswidrige Inhalte auch wieder aus dem Netz verschwinden.« [...]
»Es scheint fast so, als ob TikTok Nutzer:innen auf den für sie schwächeren Meldeweg nach Community Standards lenkt«, sagt Benning. Dieser Weg sei für das Unternehmen jedenfalls billiger. »Denn dieser Meldeweg ist weniger streng reguliert und darf viel simpler sein.« Er könne zum Beispiel ganz automatisiert ablaufen, ohne dass sich ein Mensch die Inhalte zu irgendeinem Zeitpunkt anschaut.
TikTok äußerte sich auf Anfrage zunächst nicht.
Das Business & Human Rights Resource Centre hat TikTok zu einer Stellungnahme eingeladen. Die Antwort ist auf Englisch unten aufrufbar.