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Artigo

24 Jul 2024

Author:
taz

Namibia: Deutsches Unternehmen für umstrittenes Wasserstoffprojekt in Naturschutzgebiet kritisiert

"Deutsche Importstrategie für Wasserstoff: Produktion im Herzen Afrikas"

Um bis 2045 klimaneutral zu werden, setzt Deutschland auf Wasserstoff. Der soll unter anderem aus Namibia kommen. Das geht nicht ohne Verwerfungen. [...]

Aber das eigentliche Großvorhaben treibt Enertrag weit entfernt voran – in Namibia. In dem Land an der Südwestküste Afrikas plant die Firma eine gigantische Investition in der Größenordnung von zehn Milliarden Euro. Auch dabei geht es um die Produktion grünen Wasserstoffs, der später unter anderem nach Deutschland transportiert werden könnte. Mittlerweile aber melden sich afrikanische AktivistInnen, WissenschaftlerInnen und in Deutschland ansässige Organisationen wie die Klima-Allianz mit Kritik nicht nur an den ökologischen Folgen des Projekts. [...]

Um das Projekt zu realisieren, hat sich Enertrag zusammen mit anderen Firmen an einer Ausschreibung der namibischen Regierung beteiligt und gewonnen. Dabei geht es um die Nutzung von etwa 4.000 Quadratkilometer Land, eine Fläche knapp dreimal so groß wie beispielsweise die der Stadt London. Unter dem Namen Hyphen kooperiert das deutsche Unternehmen dabei mit dem Kapitalinvestor Nicholas Holdings, der unter anderem mit Eisenbahnverkehr in Afrika Geld verdient.

Die Unternehmen und die namibische Regierung werben für das Projekt mit den geradezu idealen Bedingungen: viel Sonne, Wind, Platz und damit vergleichsweise geringen Produktionskosten des grünen Wasserstoffs. Außerdem würden Arbeitsplätze, Technologie, Kapital und saubere Energie dem Land einen Entwicklungsschub verleihen. [...]

Risiko für den Nationalpark

Allerdings entzündet sich die Kritik nun unter anderem daran, dass das Energieindustrievorhaben in einem Naturschutzgebiet liegt, dem Tsau Khaeb Nationalpark. Den beschreibt das namibische Umweltministerium selbst als außergewöhnlich reich an Tieren und Pflanzen. Beispielsweise soll dort ein Drittel aller Sukkulenten-Arten – wasserspeichernder Pflanzen – vorkommen, die es weltweit gibt. VertreterInnen unter anderem von namibischen Umweltorganisationen und Gewerkschaften erklärten dem damaligen Staatspräsidenten Hage Geingob Ende 2023 in einem Brief, dass schon in der ersten Bauphase des Hyphen-Projekts mehrere Biotope mit endemischen Pflanzen, die nur dort vorkommen, beschädigt oder zerstört würden. Der geplante Ausbau des Hafens von Lüderitz und der Export-Installationen für Ammoniak bedrohten außerdem Seevögel, Fische und Hummer. Die Klima-Allianz speist solche Argumente nun in diese hiesige Diskussion ein.

„Um die ökologischen Folgen durch Solarparks zu verringern, sollen sie in den östlichen Gebieten des Tsau Khaeb Nationalparks errichtet werden, wo die Risiken für Biodiversität am niedrigsten sind“, antwortete darauf Hyphen-Manager Sheldon Husselmann im Gespräch mit der taz. „Die Umwelt- und Sozialverträglichkeitsstudie nach namibischem Recht wird im dritten Quartal 2024 offiziell starten.“ Sie werde zwei Jahre dauern. „Bevor sie beendet ist, finden keine Bauarbeiten statt“, erklärte Husselmann.

Unbequeme Geschichte

Außerdem existiert dieses heikle Problem: In der Nähe des Hafens Lüderitz, der ebenfalls ausgebaut werden soll, lag zwischen 1905 und 1907 ein Gefangenenlager, in dem die Deutschen während des Kolonialkrieges tausende Angehörige der Völker der Nama und Herero töteten. Ihre Nachfahren fürchten, dass die Industrieansiedlung diese Geschichte begräbt, bevor sie richtig erforscht ist. Sie wollen an den Planungen beteiligt werden und fordern Entschädigung für das Land, das ihnen die Kolonialherren wegnahmen – Standpunkte, die die hiesige Gesellschaft für bedrohte Völker unterstützt. Unbequeme Fragen, besonders für ein deutsches Unternehmen. [...]