Statement von standardsetzenden & zertifizierenden Organisationen: Standard- & Zertifizierungssysteme können Unternehmen nicht von ihrer Verantwortung zur Umsetzung von vollumfänglichen Sorgfaltspflichten befreien
"Der Beitrag von standardsetzenden und zertifizierenden Organisationen zur Erfüllung von Sorgfaltspflichten"
Das 2021 in Deutschland verabschiedete Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (nachfolgend Lieferkettengesetz) ist ein erster wichtiger Schritt, um sozial und ökologisch nachhaltigere Produktionsmuster entlang globaler Lieferketten zu fördern.
Wie wirkungsvoll das deutsche Lieferkettengesetz Menschenrechts- und Umweltrisiken in globalen Lieferketten tatsächlich verringern wird, wird entscheidend von der Art und Weise der Umsetzung des Gesetzes abhängen. In der derzeitigen Debatte wird auch die Rolle von Standardsetzern und Zertifizierungen bei der Umsetzung des Gesetzes diskutiert. Dazu stellen wir als standardsetzende und zertifizierende Organisationen fest:
Bei der Erfüllung der menschenrechtlichen und umweltbezogene Sorgfaltspflichten (nachfolgend Sorgfaltspflichten), wie sie im Gesetz von Unternehmen gefordert werden, können ambitionierte, vertrauenswürdige und belastbare Standard- und Zertifizierungssysteme mit hohen Sozial- und Nachhaltigkeitskriterien einen wichtigen Beitrag leisten. Sie können Risiken für bestimmte Menschenrechtsverletzungen oder Umweltschäden reduzieren und so Unternehmen dabei unterstützen, bestimmte für die Erfüllung ihrer Sorgfaltspflichten notwendige Maßnahmen umzusetzen.
Wir sind jedoch der Auffassung, dass die Erfüllung der Sorgfaltspflichten mehr beinhaltet: Erforderlich ist ein kontinuierlicher mehrstufiger Prozess, in welchem Unternehmen die Risiken in ihrem eigenen Geschäftsbereich sowie in ihren Lieferketten fortwährend kontrollieren und minimieren müssen. Dazu gehört die Etablierung eigener Strukturen innerhalb eines Unternehmens und entlang seiner Lieferketten, wie etwa Beschwerde- und Rückverfolgbarkeitsmechanismen. Des Weiteren müssen die Unternehmen interne Prozesse schaffen, die dafür Sorge tragen, dass Erkenntnisse externer Partner, wie etwa standardsetzende und zertifizierende Organisationen, in die eigenen Abläufe und Entscheidungen integriert werden und wiederum angemessene Maßnahmen zur Folge haben. Dies können Standards entweder grundsätzlich nicht oder nur bedingt leisten.
Ambitionierte und vertrauenswürdige Standard- und Zertifizierungssysteme können somit zwar einen wichtigen Beitrag zur Erfüllung von unternehmerischen Sorgfaltspflichten leisten und sollten als ein Element bei der Umsetzung aufgenommen werden, sie können Unternehmen jedoch nicht grundsätzlich oder pauschal von ihrer Verantwortung zur Umsetzung von vollumfänglichen Sorgfaltspflichten befreien oder diese stellvertretend für sie erfüllen.