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Artigo

31 Mar 2021

Author:
Michael Wiedmann und Dr. Nicolas Daamen, Deutscher AnwaltSpiegel

Analyse: "Das Sorgfaltspflichtengesetz – ­ein Regelwerk ohne Zähne?"

17. März 2021

Am 12.02.2021 stellten die Minister für Arbeit und Soziales, Wirtschaft und Energie sowie für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung in einer gemeinsamen Pressekonferenz ihren Kompromiss für ein Sorgfaltspflichtengesetz vor...

Die Unternehmen sollen [...] ein angemessenes und wirksames Risikomanagement einführen, „um Risiken zu erkennen, Verletzungen geschützter Rechtspositionen oder Verstößen gegen umweltbezogene Pflichten vorzubeugen, sie zu beenden und zu minimieren“ (§ 4 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzentwurfs).
Das beinhaltet eine jährliche beziehungsweise anlassbezogene Risikoanalyse sowie die Weitergabe der Ergebnisse dieser Analyse an die maßgebenden Entscheidungsträger, etwa den Vorstand oder die Einkaufsabteilung. Falls die Analyse zu dem Ergebnis kommt, dass gegen einzelne oder mehrere der nicht abschließend aufgeführten menschenrechtlichen Rechtspositionen oder gegen die genannten umweltrechtlichen Pflichten in schwerwiegender Weise verstoßen wird und die Rechtswidrigkeit des Tuns oder Unterlassens offensichtlich ist, sind Präventionsmaßnahmen einzuleiten...

Bei den Präventionsmaßnahmen unterscheidet der Entwurf zwischen denen im eigenen Geschäftsbereich und denen gegenüber einem unmittelbaren Zulieferer.
Im eigenen Geschäftsbereich sind unter anderem die in der Grundsatzerklärung dargelegte Menschenrechtsstrategie umzusetzen, geeignete Beschaffungs- und Einkaufsstrategien zu entwickeln und zu implementieren sowie Schulungen durchzuführen. Die Strategie ist durch geeignete risikobasierte Kontrollmaßnahmen zu überprüfen.
Gegenüber einem unmittelbaren Zulieferer sollen verschiedene Präventionsmaßnahmen ergriffen werden...

Falls die Verletzung einer geschützten Rechtsposition im eigenen Geschäftsbereich oder bei einem unmittelbaren Zulieferer schon eingetreten ist, „soll das Unternehmen unverzüglich angemessene Gegenmaßnahmen ergreifen, um diese Verletzung oder diesen Verstoß zu verhindern, zu beenden oder zu minimieren“ (§ 7 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzentwurfs)...

Unternehmen sollen einen unternehmensinternen Beschwerdemechanismus einrichten...

Gegenüber mittelbaren Zulieferern sieht der Entwurf dagegen nur abgestufte Sorgfaltspflichten vor. So muss das Unternehmen nur bei substantiierter Kenntnis von Verletzungen oder Verstößen tätig werden (§ 9 Abs. 3 Satz 1 des Gesetzentwurfs).
Gewerkschaften oder Nichtregierungsorganisationen sollen die Ansprüche von Betroffenen im Rahmen der Prozessstandschaft geltend machen können. So sollen aber nur inländische Gewerkschaften oder einschlägig bekannte, nicht gewerbsmäßige Nichtregierungsorganisationen Verletzungen der überragend wichtigen Rechtspositionen Leib und Leben von Betroffenen infolge eines Verstoßes gegen eine unternehmerische Sorgfaltspflicht geltend machen können. Letztlich soll so Betroffenen ermöglicht werden, auf der Grundlage ihres lokalen Rechts Ansprüche in Deutschland mit Hilfe der genannten Prozessstandschafter durchzusetzen.
Neben den Sorgfaltspflichten haben die Unternehmen noch Dokuments- und Berichtspflichten zu erfüllen...

Die behördliche Durchsetzung des Gesetzes obliegt dem BAFA...

Entgegen den Wünschen der Bundesminister Heil und Müller sieht der Gesetzentwurf keine eigene Rechtsgrundlage für eine zivilrechtliche Haftung von Unternehmen vor, die gegen Sorgfaltspflichten zum Schutz der Menschenrechte verstoßen.
Es wird sich zeigen, ob sich die im Gesetzentwurf vorgesehene Prozessstandschaft zum Einfallstor für Schadensersatzprozesse von im Ausland lebenden Betroffenen entwickelt. Die Ermittlung ausländischer Rechtsnormen sowie die von deren Reichweite dürften ohne aufwendige Rechtsgutachten so gut wie ausgeschlossen sein...

Was die Durchsetzung des Gesetzes anbelangt, bleibt abzuwarten, ob das BAFA mit seinen hierfür vorgesehenen 65 Planstellen ab 2023 die behördliche Kontrolle und Umsetzung des Gesetzes für etwa 3.500 Unternehmen bewältigen kann...

Ob dies ausreicht und das Gesetz sein Ziel erreicht, soll die Bundesregierung spätestens sechs Monate nach Verabschiedung einer Verordnung oder einer Richtlinie der Europäischen Union über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten in Lieferketten evaluieren. Dies könnte schon Ende 2022, also vor Wirksamwerden des Gesetzes, der Fall sein...

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