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Artigo

19 Jan 2022

Author:
Johannes Heeg, Politik & Ökonomie

Mit Lieferkettengesetzen zu mehr globaler Gerechtigkeit? Warum die EU jetzt nachlegen muss

Seit Jahrzehnten weisen zivilgesellschaftliche Organisationen immer wieder auf die katastrophalen Zustände hin, die in den Liefer- und Wertschöpfungsketten einiger Unternehmen herrschen. Viele dieser Dinge geschehen am Beginn der weltweiten Lieferketten – doch ein Blick in deutsche Schlachthöfe oder auf südeuropäische Gemüsefelder zeigt: Unzureichende Arbeits-, Sozial- oder Umweltstandards sind beileibe kein alleiniges Problem des globalen Südens.

Dabei ist spätestens seit der Verabschiedung der UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte im Jahr 2011 klar: Unternehmen stehen in der Pflicht, bei ihren Aktivitäten die Menschenrechte zu achten...

Am 11. Juni 2021 hat der Bundestag das „Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz“ beschlossen. Der Paradigmenwechsel ist damit gelungen: Erstmalig nimmt hierzulande ein Gesetz Unternehmen in die Pflicht, Verantwortung für Menschen und Umwelt entlang ihrer Lieferketten zu übernehmen – und schafft eine starke behördliche Kontrolle und Durchsetzung...

Zur ganzen Wahrheit gehört aber auch: Das „Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz“ (LkSG) ist an einigen Stellen enttäuschend schwach ausgefallen. Zur Erinnerung: Schon im Februar 2019 gelangte ein erster Entwurf des BMZ für ein damals noch „Wertschöpfungskettengesetz“ genanntes Vorhaben an die Öffentlichkeit. Im Juni 2020 wurden die Eckpunkte für ein „Sorgfaltspflichtengesetz“ bekannt, auf das sich BMZ und BMAS geeinigt hatten. Vergleicht man diese beiden Dokumente mit dem LkSG aus dem Jahr 2021, so wird deutlich: Von Jahr zu Jahr hat man sich weiter von den UN-Leitprinzipien entfernt, die eigentlich die Grundlage für ein Lieferkettengesetz bilden sollten. Das LkSG selber stuft die Sorgfaltspflichten unnötigerweise entlang der Lieferkette ab, führt keine umfassenden umweltbezogenen Sorgfaltspflichten ein und erfasst viel zu wenige Unternehmen. Besonders bitter: Das Gesetz enthält auch keine zivilrechtliche Haftungsregelung, mit der Betroffene von Menschenrechtsverletzungen vor deutschen Gerichten Schadensersatz von Unternehmen einfordern könnten. Der Zugang zu Recht und Gerechtigkeit bleibt für sie damit weiterhin voller Hürden.

Aus diesen Gründen darf und kann das deutsche LkSG höchstens ein erster Schritt sein...

Der politische Prozess zum EU-Lieferkettengesetz ist bereits in vollem Gange...

Doch innerhalb der EU-Kommission gibt es starke Widerstände gegen eine ambitionierte Regelung, auch im europäischen Rat ist mit intensiven Auseinandersetzungen zu rechnen. Beide Institutionen sind einem starken Gegenwind seitens der Wirtschaftslobby ausgesetzt. Wie umkämpft das Vorhaben ist, zeigte sich zuletzt im Dezember 2021, als die EU-Kommission ihren Entwurf für das europäische Lieferkettengesetz erneut verschoben hat. Kurzfristig, ohne Angabe von Gründen und ohne sich klar zum weiteren Zeitplan zu äußern. Offenbar ist mit dem Entwurf nun im Februar oder März 2022 zu rechnen – doch auch dahinter stehen viele Fragezeichen...

Immerhin: SPD, Grüne und FDP bekennen sich in ihrem Koalitionsvertrag zu einem EU-Lieferkettengesetz „basierend auf den UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte“. Das lässt hoffen...

Die Mission der Initiative Lieferkettengesetz ist deswegen noch nicht beendet: Der EU-Prozess bietet die große Chance, die Lücken im deutschen Gesetz zu schließen...

Part of the following timelines

German mandatory human rights due diligence law enters into force

Towards an EU mandatory due diligence & corporate accountability law

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