Kommentar: "So lässt sich das Volk kaum besänftigen"
Das Unbehagen gegenüber Grosskonzernen und ihrem Geschäftsgebaren provoziert inzwischen nicht nur wüste Protestaktionen von militanten Umweltschützern oder Jungsozialisten. Die Besorgnis ist in der Mitte der Bevölkerung angekommen: Über 60 Prozent der Wähler wollen die Konzernverantwortungsinitiative annehmen – und zwar weit bis ins Mitte-rechts-Lager hinein. Dies ergab eine Umfrage der ETH Zürich diesen Frühling.
...Soll der Staat regulatorisch eingreifen, damit nicht auf dem Buckel der Ärmsten und Wehrlosen Grossfirmen ihre Profite maximieren können? Ja, die Schweiz riskiert sonst ihre Glaubwürdigkeit...
In einer Hauruckübung zimmerte Bundesrätin Karin Keller-Sutter einen Mini-Gegenvorschlag: Die Konzerne werden nur verpflichtet, Bericht zu erstatten, eine Möglichkeit zur Sanktion besteht nicht. Die kleine Kammer ist gestern dem Vorschlag ihrer ehemaligen Ratskollegin gefolgt.
Damit steigen die Chancen der Initiative an der Urne, was nicht im Sinne der bürgerlichen Mehrheit des Ständerats sein dürfte. Ein so vages Gegenprojekt beruhigt vielleicht das Gewissen von Politikern. Aber es ist fraglich, ob sich das Volk damit besänftigen lässt. Die Haltung der kleinen Kammer ähnelt der Devise eines wachstumsgetriebenen, skrupellosen Konzerns: volles Risiko, all in.